Bonding-Psychotherapie

Was ist die Bonding-Psychotherapie?

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Die Bonding-Psychotherapie ist eine gruppentherapeutische Methode, die  nicht nur die Reduktion der Symptome als Ziel hat, sondern vor allem das Erlangen von Wohlbehagen und Lebensfreude. Darüberhinaus kann der Mensch  sich selbst mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen besser spüren und wahrnehmen. Er lernt, liebevoll mit sich selbst und mit anderen umzugehen. 

Die Geschichte der Bonding-Psychotherapie

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Dr. med. Daniel Casriel (1924 - 1983) studierte zunächst Medizin und arbeitete während des Koreakriegs als Psychiater in der U.S. Armee. Die Erlebnisse dort als auch die Beobachtung eines Naturvolks in seiner freien Zeit veränderten sein Weltbild und führten unter anderem zur Entstehung der Bonding-Psychotherapie. Denn die anscheinende Zufriedenheit dieser Menschen, ihre emotionale Ausdrucksfähigkeit sowie ihren entspannten und häufigen Körperkontakt beeindruckten ihn. Wieder zurück in Nordamerika arbeitete er zunächst als Psychoanalytiker in seiner Privatpraxis in New York, wobei er zunächst nur Einzelsitzungen durchführte. Als er zusätzlich zu seiner Arbeit in der Praxis die Aufgabe annahm, Drogenabhängige zu resozialisieren und dabei erkannte, dass seine herkömmlichen psychoanalytischen Methoden nicht wirkten,  entwickelte er zunächst eine spezifische Schrei-Übung sowie die Einstellarbeit. In den letzten 10 Jahren seiner Arbeit wurde für ihn die heilende Kraft, die in der Erfüllung der Primärbedürfnisse nach menschlicher Nähe liegt, immer bedeutsamer. 

Die Möglichkeiten der Bonding-Psychotherapie

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Innerhalb einer geschützten therapeutischen Beziehung und einer vertrauensvollen und unterstützenden Atmosphäre in der Gruppe, wird es möglich, die eigenen vielleicht verschütteten Gefühle und Bedürfnisse wieder wahrzunehmen. Alte destruktive und hinderliche Einstellungen können erkannt werden und neue positive Einstellungen werden entwickelt und verstärkt. Wir kommen uns und auch unserem Bindungsstil auf die Spur und können es wagen, ein klein wenig mutiger zu leben. 

Vorgehensweise der Bonding-Psychotherapie

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Nach einem Informationsgespräch, das wichtige Themen wie z.B. Einstellungen und Verhalten, Basisemotionen, die Bedeutung von emotionaler und körperlicher Nähe, Entfremdung, etc. behandelt, beginnt die Bondingarbeit. Diese findet meist in zwei verschiedenen Gruppen statt. In der einen Gruppe findet die Bondingübung statt, in der anderen die Einstellarbeit.
Für die Bondingübung, bei der sich jeweils zwei Teilnehmer zusammentun, werden Matten im Raum vorbereitet. Einer der beiden beginnt, der andere ist dabei "einfach nur" da. Nach ca. einer halben Stunde Bonding-Übung wird gewechselt. Die Person, die aktuell arbeitet, hält sich an ihrem Partner fest und erlaubt es sich, die Nähe zu spüren. Zu Beginn spüren viele Menschen dabei oft erst einmal nichts, oder sie legen ihren Fokus auf die Geräusche im Raum, versuchen sich abzulenken oder haben das Gefühl, der andere sei zu schwer. Manchmal aber auch tauchen nach kurzer Zeit schon eine Vielzahl alter Gefühle, Grundüberzeugungen, Erinnerungen und Bilder auf, die nun ausgedrückt werden können. In dem Maße, in dem mehr Vertrauen in die eigenen Gefühle und zum Partner gewonnen wird, verändert sich die Nähe von etwas Fremdem, Beängstigendem zu einem angenehmen und bestätigenden Kontakt.
Das Besondere an der Bondingübung ist, dass diese alten Grundüberzeugungen nicht nur mit dem Kopf verstanden werden, sondern tief aus dem Innersten heraus wahrgenommen werden können. Dieses tiefe gefühlsmäßige Verstehen dient dabei als wichtige Voraussetzung, alte Verletzungen zu integrieren und neue Einstellungen erarbeiten zu können. 

In der parallel laufenden Einstellungsgruppe findet eine weitere  Aufarbeitung und Integration des Erlebten statt. So können neue, positive Einstellungen in der Gruppe verstärkt und gefestigt werden: entweder als Selbstbehauptung laut und kraftvoll oder sanft und behutsam. Themen, die bei der Bondingarbeit aktiviert wurden, können hier angesprochen und bearbeitet werden, z.B. die Angst vor Nähe, mangelndes Vertrauen, usw. So trägt diese Einstellgruppe auch dazu bei, dass ein Bezug zum Alltag hergestellt werden kann und dass das, was in der Bondingarbeit erlebt wird, bewusster und integrierbarer wird. 

Wir sind hier, weil es letztlich kein Entrinnen vor uns selbst gibt. Solange der Mensch sich selbst nicht in den Augen und Herzen seiner Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht. Solange er nicht zulässt, dass seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben gibt es für ihn keine Geborgenheit. Solange er sich fürchtet, durchschaut zu werden, kann er weder sich selbst noch andere erkennen - er wird allein sein. 
Wo sonst als in unserem gemeinsamen Grund können wir einen solchen Spiegel finden? Hier in der Gemeinschaft kann ein Mensch sich sehen, als der er ist, nicht als Übermensch seiner Träume, auch nicht als der Zwerg seiner Alpträume, sondern als Mensch - als zugehörig zu einem Ganzen, als Teil dessen er seine Aufgabe hat. In solchem Boden können wir Wurzeln schlagen und wachsen , nicht alleine - wie im Tod - sondern lebendig, als Mensch unter Menschen.  

Richard Beauvais